Zuhören ist manchmal wichtiger als Haarewaschen
Etwa 140 Menschen in Bad Homburg und Oberursel werden von derzeit 25 Mitarbeitenden des Ambulanten Pflege- und Betreuungsdienstes des DRK-Kreisverbandes betreut. Wer auf keine pflegenden Angehörigen zurückgreifen kann, bekommt dadurch die Chance, möglichst lange selbstbestimmt in den eigenen vier Wänden leben zu können – so viel Hilfe wie nötig und so viel Selbstständigkeit wie möglich. Der Bedarf an ambulanter Pflege steigt, ohne dass gleichzeitig auch die Zahl der jungen Menschen steigt, die sich der dreijährigen generalistischen Ausbildung zur Pflegefachkraft unterziehen - ein Dilemma, das die Pflegebranche bundesweit trifft. Beim DRK-Kreisverband Hochtaunus hat man den Kampf gegen den Fachkräftemangel mit Erfolg aufgenommen, durch Seiten- oder Quereinsteiger.
Im Team der Ambulanten Pflege und Betreuung des DRK-Kreisverbandes Hochtaunus gibt es bereits eine Handvoll Mitarbeiterinnen, die etwas ganz anderes gelernt, ihr berufliches Glück aber dadurch gefunden haben, dass sie sich als Quereinsteiger zu Helferinnen in der Pflege haben qualifizieren lassen: Sabine Filter, sie ist gelernte Einzelhandelskauffrau, Jasmin Krämer, eine ehemalige Zahnarzthelferin, und Fabiana Braun, gelernte Hotelfachfrau - sie haben vom Angebot des DRK, die Möglichkeit für den Quereinstieg in den Pflegeberuf zu meistern, gehört oder sind beim Stöbern auf der Homepage des Kreisverbandes (www.drk-hochtaunus.de) darauf gestoßen und haben nicht lange gezögert. Bereut hat das von den drei Damen keine, im Gegenteil, sie fragen sich, warum sie ihren beruflichen Blickwinkel nicht schon viel früher verändert haben. Quereinsteigerin war übrigens auch Anna Morasiewicz. Sie ist gleichsam der Beweis, dass man es beim DRK als Quereinsteigerin bis zur stellvertretenden Pflegedienstleiterin bringen kann.
Fabiana Braun hat nach einer rund zweimonatigen Einarbeitung bereits im Januar 2024 angefangen. „Warum? Ich habe sehr gerne mit Menschen zu tun, das kann ich hier leben, zudem sind die Arbeitszeiten sehr familienfreundlich, Beruf und Kinder, das passt“, begründet die junge Frau, die nach ihrer Hotelfachlehre zuletzt bei einer Fluggesellschaft im Schichtdienst gearbeitet hat, ihre Entscheidung. Für Sabine Filter kam die Idee zum Berufswechsel nicht ganz von ungefähr, „ich habe meine demente Schwiegermutter über ein Jahr lang intensiv gepflegt und dabei gemerkt, dass Pflege genau das ist, was mir eigentlich liegt. Mir macht es immer noch 100 Prozent Spaß, jeden Tag vor neuen Herausforderungen zu stehen. Diese unendliche Dankbarkeit meiner Klienten zu spüren, ist jede Mühe wert“, sagt sie und strahlt dabei. So gesehen fast vom Fach ist auch Jasmin Krämer, auch sie hat familiäre Pflegeerfahrung: „Ich habe meine kranken Eltern gepflegt und dabei rasch gemerkt, dass es mein Wunsch ist, in dieser Weise etwas Soziales zu tun und der Gesellschaft etwas zurückzugeben.“
Anfängliche Skepsis gehabt zu haben, „ins kalte Wasser geschubst zu werden“, wollen die drei Frauen nicht bestreiten. Die Einarbeitung durch erfahrene Kollegen sei aber so gut gewesen, dass diese Angst, unvorbereitet vor einer unlösbaren Aufgabe zu stehen, rasch verflogen sei. Nach der Einarbeitungszeit, bei der die Quereinsteiger von einer ausgebildeten Pflegefachkraft begleitet werden, kommt der Tag, an dem sie dann zum ersten Mal alleine unterwegs sind. „Das war schon ziemlich aufregend, hat aber super geklappt, ich war richtig stolz, dass ich es ohne Probleme geschafft habe“, erinnert sich Jasmin Krämer. Natürlich habe man mitunter immer noch ein „mulmiges Gefühl“, die Wohnungstür eines Klienten, dem es die letzten Tage schon nicht gut gegangen ist, mit einem fröhlichen „Guten Morgen“ zu öffnen, ohne zu wissen, „ob etwas zurückkommt“. Zum Glück sei der Fall, vor dem jeder erst einmal Angst hat, aber noch nicht vorgekommen, „aber wir wurden auch darauf intensiv vorbereitet“, sagt Sabine Filter. Für Fabiana Braun ist es wichtig, über ein hohes Maß an Empathie, Flexibilität und Geduld zu verfügen: „Wenn das fehlt, ist es nicht der richtige Beruf. Wenn ein alter Herr lieber nur schwätzen will, dann schwätzen wir, dann werden die Haare eben morgen gewaschen, was macht das schon aus. Wir müssen unsere Klienten in ihren Befindlichkeiten mit Respekt annehmen wie sie sind und ihnen die Aufmerksamkeit geben, die sie gerade brauchen.“ Eines darf man in der Ambulanten Pflege und Betreuung nicht haben: Berührungsängste – Händchenhalten, einfach nur zuhören, gehört auch dazu. Und wenn eine demente Frau das Foto von ihrer Hochzeit jeden Tag stolz präsentiert, dann freut man sich halt jeden Tag mit ihr. Da ist dann oftmals eine Engelsgeduld gefragt, aber auch die Fähigkeit, bestimmte Dinge nicht zu nah an sich heranzulassen.
Die Einsamkeit von Klienten spielt besonders in der Winter- und vor allem Weihnachtszeit eine große Rolle. Da sind die regelmäßigen Besuche durch die Pflegekräfte oftmals die Highlights des Tages, da zur pflegerischen Tätigkeit eben nicht nur Körperpflege sondern auch Hauswirtschaft und Betreuung gehören und somit auch Zeit für den – manchmal auch nostalgischen – Austausch auf persönlicher Ebene genutzt werden kann. Der Ambulante Pflege- und Betreuungsdienst des DRK hat aktuell noch Kapazitäten für Klienten im Bereich SGB XI – also Körperpflege, Hauswirtschaft und Betreuung – in den Gebieten Bad Homburg, Friedrichsdorf und Oberursel frei. Kontakt kann über pflegedienstdrk-hochtaunus.de oder noch besser telefonisch unter 06172-1295 23 aufgenommen werden.
Bildtext:
Fabiana Braun, Jasmin Krämer (1.,2.v.li.) und Sabine Filter (re.) haben jede für sich die richtige Berufswahl getroffen und sind als Seiteneinsteiger ins Team des Ambulanten Pflegedienstes des DRK gestoßen, Anna Morasiewicz (2.v.re.) ist ebenfalls Quereinsteigerin und heute stellvertretende Pflegedienstleiterin. Foto: DRK-Pressestelle