Mit Empathie, Geduld und Humor gegen die Stille der Einsamkeit
Udo Wenzel gehört zum Team des Ambulanten Pflege- und Betreuungsdienstes des DRK-Kreisverbands Hochtaunus. Wenn man die Ruhe aktiv sucht, findet man sie sicher leicht. Bedeutet Ruhe aber Alltag und wird sie zur bleischweren Stille, frisst sie die Lebensfreude gerade älterer Menschen auf. Einsamkeit ist nichts, womit man seinen Lebensabend verbringen möchte. Der DRK-Kreisverband bietet ambulante Besuchsdienste als von der Pflegekasse erstattete Entlastungsleistungen an und kann dabei auf ein erfahrenes Mitarbeiterteam vertrauen. Einer von ihnen ist Udo Wenzel, der sich keinen schöneren Beruf vorstellen kann.
Die Corona-Pandemie ist zwar vorbei, vollständig überwunden ist sie aber noch lange nicht. Zu viel ist in den Jahren der Isolation an gesellschaftlichen Kontakten auf der Strecke geblieben, als dass es mit dem Ablegen der „letzten Maske“ wieder so wäre, wie vor der Pandemie. Gerade ältere Menschen leiden noch immer unter dem Folgen der Vereinsamung, nicht weil sie sich daran gewöhnt hätten, aber sie sind in dieser schwierigen Zeit auch älter geworden und es fehlt ihnen vielleicht am nötigen Elan, das Alleinsein nun aus eigener Kraft zu überwinden. Hier setzt der DRK-Kreisverband mit seinem Angebot des Ambulanten Pflege- und Betreuungsdienstes an. Der bringt im wahrsten Sinne „Leben ins Haus“ und steht jedem älteren, bewegungseingeschränkten Menschen, der mindestens Pflegegrad 1 hat, als gesetzliche Entlastungsleistung zu. Auf Antrag werden monatlich 125 Euro von der Pflegekasse erstattet, genug für drei Besuche zu je einer Stunde. Und auch erweiternde und ergänzende Leistungen im Bereich der Körperpflege und Hauswirtschaft können von den Pflegekräften erbracht werden.
Wer freut sich nicht über ein nettes Gespräch oder ein offenes Ohr? Ob gemeinsam spazieren gehen, Spiele spielen oder einfach nur zuhören - ein regelmäßiger Besuch bereitet einsamen Menschen stets Freude, hält ihren Geist wach und beweglich. Ein wichtiger Teil von Pflege und Gesundheit ist es, Menschen vor der Vereinsamung zu schützen und ihnen Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. Durch Veränderungen der Familienstrukturen sowie der Arbeits- und Lebensbedingungen ist eine generationsübergreifende Unterstützung innerhalb der Familien heute in vielen Fällen leider nicht mehr möglich. Vereinsamung älterer Menschen ist oftmals die Folge.
Der Pflege- und Betreuungsdienst des Deutschen Roten Kreuzes ermöglicht es diesen Menschen, soziale Kontakte zu knüpfen und menschliche Zuwendung und Unterstützung zu erfahren. Das erfordert von den Mitarbeitenden sehr viel soziale Kompetenz, Empathie, Geduld und Einfühlungsvermögen. Einer, der das alles in besonderem Maße mitbringt, ist Udo Wenzel, einer von 22 Mitarbeitenden im ambulanten Pflegeteam von Pflegedienstleitung Michaela Dertinger.
Der 50-jährige gelernte Sozialarbeiter kann zuhören und danach wie der Pfarrer nach der Beichte auch schweigen, ihm fällt immer etwas ein, wie er den leider oft sehr tristen Lebensalltag seiner Klienten aufhellen kann. Er kann mit ihnen lachen, bisweilen aber auch weinen: „Wenn man die zum Teil doch sehr bewegenden und kurvenreichen Lebensgeschichten erzählt bekommt, kann es schon auch passieren, dass einem selbst die Augen feucht werden“, gibt Wenzel gerne zu. Ihm tut es persönlich auch weh, zu erfahren, dass es zwischen seinen Klienten und deren Familien oft tiefe Gräben des Zerwürfnisses gibt, was oft ursächlich für die Vereinsamung ist. Ändern lasse sich daran sicher wenig, das sei auch nicht sein Auftrag, er versuche aber trotzdem das „Knäuel“ kaputter Familienstrukturen ein wenig aufzulockern, um vielleicht das lose Ende des Fadens in die Hand zu bekommen.
Udo Wenzel sieht seine Aufgabe darin, die Menschen, die sich ihm anvertrauen, in ihrer oft wechselnden Tagesform abzuholen. „Besonders bei Menschen mit fortgeschrittener Demenz ist es wichtig, dass sie Ansprache erfahren und sich in ihrer momentanen, sehr volatilen Lebenswirklichkeit angenommen fühlen“, sagt der gebürtige Badener, der seine Arbeit am liebsten so beschreibt: „Ich behandele die Menschen so, wie ich selbst später einmal behandelt werden möchte.“ Und wenn ein alter Herr seine Pizza mit Nutella bestrichen haben möchte, weil ihm genau das schmeckt, dann gebe es an diesem Tag eben „Pizza mit Nutella“.
Wenzels Ziel ist es, seine Klienten in einem Zustand zurückzulassen, der immer etwas besser ist als der, in dem er sie angetroffen hat. Menschen ihr oft schwieriges Schicksal mit Herz, Verstand und Respekt, ohne sie zu bevormunden, erträglicher zu machen, ihnen trotz allem ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern, sei eine Lebenseinstellung, die er schon von seinen Großeltern vermittelt bekommen habe. Die Gespräche mit lebenserfahrenen alten Menschen seien für ihn selbst auch eine Bereicherung, „eigentlich ist jeder neue Besuch eine Art Fortbildung für mich, einen schöneren Beruf für mich kann ich mir nicht vorstellen“, lacht er.
Bei den Besuchen komme es nicht nur auf die Intensivität des Austauschs an, sondern auch auf Regelmäßigkeit. Eine Stunde pro Woche sei da aber auch das Minimum, wenn es darum geht, erst einmal ein Vertrauensverhältnis aufzubauen. Udo Wenzel gelingt es mit seiner humorvollen Art aber immer wieder, rasch Zugang zu älteren Menschen zu finden. Und wenn er sich bei Demenzkranken ab und zu auch wieder neu vorstellen muss, dann trägt er auch das mit seinem badischen, sehr lebensnahen Humor. Gerne geht er mit seinen Klienten, wenn es das Wetter und die körperliche Verfassung zulassen, einkaufen, spazieren, mal auf den Friedhof, ins Kino, in die Apotheke oder ins Café. „Natürlich könnten wir auch bei ihnen daheim Kaffee trinken, aber im Café kommen sie mal wieder unter Leute und treffen vielleicht sogar alte Bekannte“, sagt Udo Wenzel.
Dabei orientiert sich der Umfang der Versorgung individuell am Klienten. Gestartet mit einer Anfrage via Mail oder Telefon, wird nach Klärung einiger grundlegender Fragen in der Folge ein Aufnahmegesprächstermin vereinbart. Hier wird gemeinsam mit der Pflegedienstleitung der Bedarf festgestellt und die Leistungen vereinbart: „Im Grunde ist es ganz einfach und unkompliziert. Wir versuchen mit unseren Klienten von Beginn an ein offenes und vertrauensvolles Verhältnis aufzubauen“, fasst Pflegedienstleiterin Michaela Dertinger zusammen. Mit einer Vertrauensbasis ließe sich viel konkreter über Bedarfe und Bedarfsdeckung sprechen, denn oftmals ginge dieser über reine Betreuungsleistungen hinaus. „Oftmals wird auch Hauswirtschaft oder eine kleine Körperpflege benötigt, die wir mit unseren Pflegekräften dann ebenfalls abdecken könnten“, betont Dertinger die Wichtigkeit eines guten Verhältnisses zwischen Klienten und DRK. Unter der Rufnummer 06172 – 129523 können Interessierte weitere Informationen einholen – das DRK hat im Versorgungsgebiet Friedrichsdorf, Bad Homburg und Oberursel Kapazitäten zur Aufnahme neuer Klienten im Bereich Betreuung, Hauswirtschaft und Körperpflege frei.
BU:
Udo Wenzel kurz vor dem Start seiner Tour bei gutem Wetter, das es dem gelernten Sozialarbeiter einfacher macht, seine Klienten zu einem Spaziergang zu bewegen.