4 x 1 = 1 - Medizinischer Dienst stellt die Mathematik auf den Kopf
Jährliche Überprüfung des DRK-Pflegedienstes ergab Spitzenbewertung „Das Bessere ist der Feind des Guten“, wusste schon Voltaire. Was aber ist zu tun, wenn man zum Feind des Guten werden möchte, das aber nicht geht, weil man schon das Bessere ist? Dieses fast schon kuriose „Problem“ hat der DRK-Kreisverband Hochtaunus e.V. und es freut ihn sogar: Nach dem Ergebnis der jüngsten Überprüfung des Pflege- und Betreuungsdienstes durch den Medizinischen Dienst gab es nämlich in allen vier überprüften Kategorien eine glatte „Eins“. Oder anders ausgedrückt: Besser geht’s kaum. Darauf ist man beim DRK natürlich mächtig stolz.
Michaela Dertinger leitet zusammen mit ihrer Stellvertreterin Anna Morasiewicz den Pflege- und Betreuungsdienst des DRK-Kreisverbandes Hochtaunus. Momentan betreut der Pflegedienst 135 Klienten der Pflegegrade 1 bis 5, wobei der Schwerpunkt bei den Pflegegraden 2 und 3 liegt.
Die beiden haben ein Problem und freuen sich sogar noch darüber: „Wir wollen besser werden, können es aber nicht – zumindest auf dem Papier“, lacht Dertinger und erklärt mit einem Augenzwinkern auch warum:
Der Pflegedienst hat jetzt bei der turnusmäßigen Überprüfung durch den Medizinischen Dienst in allen vier Kategorien die „Note 1“ erhalten, was ihn im Vergleich mit zahlreichen anderen, ebenfalls überprüften Pflegediensten auch im Hochtaunuskreis eine Spitzenstellung einnehmen lässt. Da wird der Wunsch, noch besser werden zu wollen, schnell zum Luxusproblem, mit dem Dertinger und Morasiewicz aber sehr gut leben können. Eine Herausforderung sei es trotzdem, nämlich die, dieses hohe Niveau zu halten. Den beiden Pflegedienstchefinnen steht dabei ein hochmotiviertes Team von derzeit 22 Mitarbeitern zur Verfügung, mit denen sie das „Einser-Zeugnis“ gerne teilen: „Hier wurde nicht nur die Leitung, sondern das ganze Team auf die Probe gestellt“, sagte Dertinger, die noch immer schmunzeln muss, wenn sie daran denkt, „welches Gesicht Kreisgeschäftsführer Heiko Selzer und Bereichsleiter der Sozialen Dienste, Sebastian Fischer, gemacht haben“, als sie den Brief geöffnet haben. „Wir haben uns natürlich sehr über das hervorragende Ergebnis gefreut. Gleichzeitig sehen wir dies als eine Art Standortbestimmung, die uns ermutigt, unseren eingeschlagenen Weg konsequent weiterzugehen. Der Fachkräftemangel und die gleichzeitig enorm steigenden Bedarfe in Pflege und Betreuung werden auch in Zukunft alles von uns abverlangen!“, blickt Fischer mit Zuversicht in die Zukunft.
Pflegedienste werden in der Regel einmal im Jahr geprüft, mehr oder weniger unangekündigt: „Zwar gibt es eine Vorankündigung mit einem Tag Vorlauf, die kann aber auch schon mal erst sonntags abgeschickt werden, sodass die Prüfer dann montags plötzlich in der Tür stehen“, erzählt Anna Morasiewicz. Da bliebe dann keine Zeit der Vorbereitung. Generell unangekündigt wird geprüft, wenn es anlassbezogene Hinweise, Beschwerden von Klienten also, gibt, was beim DRK-Pflege- und Betreuungsdienst aber so gut wie nie vorkommt.
Geprüft werden vier Bereiche: die pflegerische Leistung bei Körperpflege, Hauswirtschaft und Betreuung, die Umsetzung ärztlich verordneter Pflegeleistungen, die Dienstleistung in der internen Organisation des Pflegedienstes und, besonders wichtig, die vierte Kategorie, die Zufriedenheit der Klienten. Insgesamt sind rund 50 Fragen zu beantworten, wobei die Zufriedenheit der Klienten bei ihnen zuhause im Beisein eines Pflegeteammitglieds und auf Wunsch eines Angehörigen im direkten Gespräch abgeklärt wird. Bei unter Betreuung stehenden Klientel muss ein Betreuer zwingend zugegen sein. In der etwa halbstündigen Befragung geht es dann um Dinge wie Freundlichkeit, Pünktlichkeit, Zuwendung und Empathie, aber auch um die persönliche, fachliche Pflegekompetenz.
Die direkt befragten Klienten werden vom Medizinischen Dienst nach dem Zufallsprinzip ausgewählt, danach wird bei ihnen angefragt, ob ein Besuch erwünscht wird, was bei den Allermeisten aber der Fall sei, sie freuten sich sogar, „weil das für sie eine willkommene Abwechslung im sonst vielleicht eher tristen Alltag ist“, sagt Dertinger. Zuletzt waren es acht Hausbesuche, wobei immer ein Klient dabei sein muss, bei dem chronische Wunden einen besonders hohen pflegerischen Einsatz erfordern. Geprüft wird aber auch immer die Korrektheit der Abrechnung und die Medikamentengabe und -bevorratung, „damit im Pillenkästchen Ordnung herrscht, die richtigen Medikamente also immer am richtigen Tag im richtigen Fach liegen“, so Morasiewicz. Für Patienten, die auf Medikamente und die richtige Dosierung angewiesen sind, könne das lebenswichtig sein, unterstreicht sie die hohe Verantwortung der Pflegekräfte gerade in diesem Bereich.
Die Überprüfung insgesamt dauert zwei Werktage, in denen von zwei bis drei Prüfern ein 237 Seiten dicker Katalog abgearbeitet wird.
Lange auf die Folter gespannt werden die geprüften Pflegedienste in der Regel nicht, wenn es schließlich um das Ergebnis geht. Nach einem Abschlussgespräch, das aber kaum Rückschlüsse auf das erwartete Ergebnis zulässt („Pokerface, da lässt sich niemand in die Karten schauen“, lacht Dertinger), dauert es für gewöhnlich nur wenige Tage, bis das „vorläufige Ergebnis“ eintrifft. Das könne sich bis zur Endfassung zwar noch in Nuancen verschieben, habe aber meistens Bestand. Auch jetzt liegt erst das vorläufige Ergebnis vor. Michaela Dertinger und Anna Morasiewicz sind jedoch sehr optimistisch, auch bald die endgültige Bewertung in Händen zu halten. Bereichsleiter Fischer ist sich sicher, „dass das Ergebnis den großen Aufwand aller Beteiligten widerspiegelt, qualitativ hochwertige und in den Bedingungen wertschätzende Pflege- und Betreuungsleistungen in Bad Homburg, Friedrichsdorf und Oberursel nachhaltig sicherzustellen.“
Ähnlich wie beim neuen „Krankenhausatlas“ des Bundesgesundheitsministeriums können sich an mobiler Pflege Interessierte im Internet (www.aok.de, Pflegenavigator) über die Qualitätsmerkmale und die Ergebnisse der jüngsten Überprüfungen der für sie in Frage kommenden Einrichtungen informieren.